Nachdem wir am 12. März den öffentlichen Betrieb eingestellt haben, ist einiges passiert. Seit der schrittweisen Aufhebung des Lockdowns in den letzten Wochen erweckt ein Blick auf das Schulterblatt den Eindruck, alles sei schon wieder wie vor der Pandemie. Das sehen wir nicht so. Es ist noch immer nicht die Zeit für schwitzige Tanzpartys oder Pogo bei Konzerten.
Der Corona-Lockdown seit März hat gezeigt, dass die unterschiedlichen Maßnahmen und Einschränkungen durchaus Menschenleben gerettet haben. Abstandsregeln, Schutzmaßnahmen und Einschränkungen des öffentlichen Lebens waren notwendig und haben bisher zu einem weniger dramatischen Verlauf der Pandemie in Deutschland beigetragen als in z.B. Italien, Großbritannien oder Brasilien und den USA. Ob wirklich alle Maßnahmen angemessen und richtig waren, wird sich wohl erst in der Rückschau bewerten lassen.
Was sich aber jetzt schon sagen lässt, ist, dass sich Widersprüche, Ungleichheiten und die tödliche Verwertungslogik des Kapitalismus in der Pandemie ungebrochen gezeigt haben. Abstandsregeln und Schutzmaßnahmen waren für Geflüchtete in ihren Unterkünften ebenso der blanke Hohn wie für die Menschen in den Lagern an den EU-Außengrenzen. Die prekären und ausbeuterischen Arbeits- und Lebensbedingungen vieler Beschäftigter in sogenannten Niedriglohnsektoren wie z.B. der Fleisch- und Agrarindustrie waren und sind lebensgefährlich. Und die jahrelange neoliberale Deregulierung von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen hat den dort Arbeitenden jetzt nochmals enormes abverlangt. Das sind nur einige wenige Schlaglichter, die zeigen, dass antikapitalistische Politik und der Kampf um eine globale gerechte Welt dringender denn je sind. Dies gilt umso mehr, als dass rassistische Polizeigewalt ebenso Menschen tötet, wie das autoritäre neoliberale staatliche Regimes in den Zeiten des Lockdowns – aber auch darüber hinaus – weiter Freiheitsrechte beschneidet. Die Bedrohungen durch rassistische und antisemitische Hassgewalt sind ebenso ungebrochen wie die Gefahren reaktionärer und faschistischer Parteien und Organisationen. Die sogenannten «Hygiene»-Demos haben gezeigt, dass gefährliche Allianzen zwischen organisierten Faschist*innen, rechten Esoteriker*innen und verwirrten Kleinbürger*innen Ausgangspunkt der Formierung von Gewalt gegen alle Menschen werden kann, die in diesem reaktionären Weltbild keinen Platz haben sollen.
Linke Zentren sind ein wichtiger Ort der Vernetzung, des Zusammenkommens und der Organisierung von emanzipatorischen Gegenentwürfen und Widerstand zu dem kapitalistisch-rassistisch gesellschaftlichen Normalzustand. Es ist wichtig und notwendig, zu diskutieren, sich zu vernetzen und aktiv für unsere politischen Anliegen zu streiten. Deswegen werden wir in der Roten Flora demnächst mit öffentlichen politischen Veranstaltungen unseren Betrieb wieder aufnehmen. Wir werden das natürlich unter Berücksichtigung von angemessenen Schutzmaßnahmen tun. Achtet auf weitere Ankündigung!
Von Hanau bis Minneapolis – keinen Frieden mit den herrschenden Verhältnissen!